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Rekordbrecher: Stahlachterbahnen mit den steilsten Abfahrten

Links: Vild Svinet, der Prototyp des Gerstlauer Eurofighters mit 97° steiler Abfahrt - rechts: Maverick im amerikanischen Cedar Point von der Schweizer Intamin

Die Schweizer Intamin war die erste Firma, die im Jahre 1997 einen Shuttle Coaster mit senkrechter Auf- und Abfahrt realisierte. Auf dem Tower of Terror beschleunigt das Fahrzeug aus der Station auf 161 Stundenkilometer und rast einen senkrechten Turm hinauf, um am Totpunkt in rund 100 Metern Höhe rückwärts wieder in die Tiefe zu stürzen. Die Fahrgäste blicken bei diesem Erlebnis stets Richtung Himmel, entsprechend wird keiner der Insassen mit dem herannahenden Boden konfrontiert. Dadurch relativiert sich die Höhe dieses Coastererlebnisses im Vergleich zu anderen Bahnen. Ende 2010 wurde dieses Manko durch einen rückwärts abgeschossenen, neuen Wagen behoben, um mit den Neuentwicklungen der Mitbewerber aufzuschliessen. Seit dem Jahre 2003 wurden zahlreiche Achterbahnen mit senkrechten oder sogar steileren Abfahrten realisiert.

Im dänischen Bonbon Land eröffnete im Jahre 2003 mit Vild Svinet vom deutschen Hersteller Gerstlauer die erste Achterbahn mit einer Dropneigung von bis zu 97° gegenüber der Horizontalen. Steiler als senkrecht geht es auf dem Eurofighter in die Tiefe. Dabei wird gerade einmal eine Höhendifferenz von 22 Metern absolviert.

Auf einer übersteilen Abfahrt nimmt das Fahrzeug kurzzeitig eine Position ein, die auch bei Inversionsfahrten - zum Beispiel im Vertikallooping - schon Jahre vorher geboten wurden. Neu ist der Effekt nur damit kombiniert, dass sich das Fahrzeug aus der langsamen Liftposition über einen engen Kuppenradius erst in die Senkrechte und dann leicht in eine übergeneigte Abfahrt dreht, welche einige Streckenmeter ohne Krümmungswechsel befahren wird.

Doch selbst der Abfahrtswinkel von 97° sollte noch getoppt werden, wenn auch erst nur kurzfristig: Im Herbst 2003 ging der mobile Looping Coaster Cool and Fresh in den Niederlanden an den Start. Mit 135° "Gefälle" übertrumpfte diese Anlage Vild Svinet deutlich, doch im Gegensatz zum Gerstlauer Prototypen durchfährt der Wagen die extreme Neigung nur mit gebremster Schrittgeschwindigkeit. Ein äquivalentes Free Fall Erlebnis wurde erst auf dem nachfolgenden, 90° steilen Sturz geboten. Cool and Fresh war nur wenige Monate auf der Reise und wurde seitdem nicht mehr auf Kirmesplätzen präsentiert.

Sequoia Adventure ist mit 177° Gefälle im Drop die steilste Achterbahn der Welt - aber sicherlich auch die umstrittenste

Der absolute Spitzenreiter wurde zwei Jahre später im italienischen Gardaland unter dem Namen Sequoia Adventure präsentiert: S&S installierte dort den 30 Meter hohen Prototypen ihres Screaming Squirrel Coasters. Die Anlage blieb die einzige ihrer Art, da sie bis heute mit technischen Problemen behaftet ist. Nach dem Schräglift rollt das Einzelfahrzeug langsam dem ersten Sturz entgegen, wo es über einen knapp 180 Winkelgerade geführten Vertikalbogen auf den Kopf gedreht wird und etliche Meter wie an einer Decke geradeaus entlangfährt. Erst ein weiterer 180°-Bogen bringt das Fahrzeug in die Horizontale. Die Prozedur wiederholt sich zwei weitere Male.

Die kuriose Achterbahn mit knapp 180° "Gefälle" wird vom Guinness Buch der Rekorde nicht als steilste Achterbahn der Welt angesehen. Trotzdem bietet sie die gleichen Eigenschaften und Fahrerlebnisse wie die anderen Exemplare. Die einzige Ausnahme kann darin gefunden werden, dass die Fahrt keine ausgeprägte Abfahrt über zwei, drei Streckenmeter mit kontinuierlichem Gefälle besitzt - statt dessen dreht sich der Wagen stetig im Vertikalbogen auf den Kopf. Die dann absolvierte Gerade ist zwar mit einem leichten Gefälle versehen, subjektiv wird aber dieser Streckenabschnitt nicht als Abfahrt oder Drop angesehen, sondern eher als Inversion eingestuft.

Im Jahr 2007 lieferte Gerstlauer den ersten Eurofighter in die USA. Mystery Mine im Bundesstaat Tennessee bietet gleich zwei übersteile Abfahrten - weitere Anlagen folgten in Übersee. Die Achterbahn selbst ist eher als Prügelmaschine verschrien, teilt sie doch in den engen und recht abrupten Abfahrten und Kurvenzügen mittels des wuchtigen Schulterbügels einige Schläge aus. Gerstlauer belegt mit seinem Vertical Drop Konzept fünf Plätze der weltweiten Bestenliste, davon vier mit jeweils 97° Gefälle. Dies sind der Prototyp Vild Svinet und die europäischen Nachfolger Typhoon, Speed: No Limits und Rage.

Als dritter Hersteller wagte sich 2007 Intamin an die "übersteile" Abfahrt und präsentierte mit Maverick in Cedar Point eine Loopingbahn mit einem 95° steilen First Drop. Als Besonderheit fährt kein Einzelwagen sondern ein Zug aus drei aneinandergekoppelten Fahrzeugen in den Drop. Gerade im letzten Wagen wird gute Airtime geboten, da der Wagen mit deutlich höherer Geschwindigkeit als der vordere über die Kuppe in die Abfahrt beschleunigt wird. Im darauf folgenden Jahr wurde Fahrenheit an den amerikanischen Hershey Park ausgeliefert. Die Loopingbahn bietet mit einer 97° steilen Abfahrt ein äquivalentes Gefälle zum Gerstlauer Eurofighter und wird ebenfalls von einem dreigliedrigen Zug befahren.

Links: Takabisha nimmt mit 121° Gefälle Platz Zwei der weltweit steilsten Achterbahnen ein - rechts: Timber Drop im französischen Fraispertius City liegt mit 113° auf Platz Sechs

Und auch Hersteller Nummer vier wollte 2007 am neuen Verkaufserfolg der übersteilen "Drop" Coaster weiter partizipieren: Die amerikanische Firma S&S lieferte ihren Screaming Squirrel an den Freizeitpark Divo Ostrov im russischen St. Petersburg. Das Besondere an dieser vertikalen Achterbahn sind zwei Abfahrten mit rund 120° Gefälle. Seit einigen Jahren wird die Anlage auch betrieben, die übergeneigten Abfahrten werden aber im Schleichgang durchfahren (externer Videolink), da Magnetbremsen die Fahrzeuge auf den beiden Fallstrecken nahezu komplett einbremsen.

Ein Jahr später folgte der zweite Versuch von S&S und diesmal durfte sich auch das Publikum auf einer vertikal übergeneigten Abfahrt deutlich dynamischer in die Tiefe stürzen: Das neue Modell taufte man El Loco und fand im amerikanischen Park Indiana Beach den ersten Abnehmer. Auf Steel Hawg, so die Namensgebung des Betreibers, stürzen die Einzelwagen mit bis zu vier Personen eine 111° steile Abfahrt rund 20 Höhenmeter hinab und absolvieren zudem drei Inversionen wie auch nach aussen quergeneigte "Steilkurven". Die dritte Auslieferung wurde im Sommer 2009 auf der englischen Insel in Betrieb genommen. Mit einem First Drop mit 112° Abfahrtsneigung markierte der 30 Meter hohe Mumbo Jumbo den absoluten Spitzenplatz für zwei Jahre, denn bereits der nächste steilere S&S Coaster wurde 2011 in den franzözischen Fraispertuis City ausgeliefert: Timber Drop bietet ein (fast) baugleiches Layout wie Mumbo Jumbo, die Abfahrt wurde mit 113° Gefälle jedoch ein weiteres Grad steiler ausgeführt. Im gleichen Jahr eröffnete der Green Lantern Coaster, welcher mit 120° wiederum eine steilere erste Abfahrt besitzt.

Die S&S-Strategie, die Abfahrtsneigung auf jeder Anlage stetig um ein oder wenige Grade zu erhöhen, ging jedoch nicht auf: Gerstlauer toppte den Timber Drop zwei Wochen nach dessen Eröffnung mit einer 121° steilen Abfaht beim Eurofighter Takabisha im japanischen Fuji-Q Highland. Die rund 1000 Meter lange Achterbahn bietet neben dem übersteilen Drop aus 30 Meter Höhe auch einen LSM-Launch und zahlreiche spektakuläre Inversionen. Und selbst das S&S El Loco Modell in der australischen Movie World konnte dagegen nichts mehr aussetzen - die Schienen waren bereits produziert, somit blieb es beim 120° Gefälle. Die weiteren El Loco Auslieferungen nach China und Las Vegas haben diesen Wert nicht übertrumpft.

Rage im Adventure Island ist ein Gerstlauer Eurofighter aus dem Jahre 2007

Mit Sequoia Adventure bietet das Gardaland seite dem Jahre 2005 eine kuriose Achterbahn mit Abfahrten bis zu 177° Gefälle - subjektiv vermag diese Fahrfigur eher in die Kategorie Inversion eingeordnet werden, besitzt aber eindeutig den Charakter einer Abfahrt wie auch die Gerstlauer Eurofighter oder S&S El Loco Anlagen.

Mit der Eröffnung der S&S Anlage Mumbo Jumbo im englischen Freizeitpark Flamingoland im Sommer 2009 hatte sich wieder ein vom Guinness Buch der Rekorde attestierter Spitzenreiter in Europa manifestiert. "Getoppt" wurde dieser zwei Jahre später durch eine fast baugleiche, aber um einen Winkelgrad steilere Anlage des gleichen Herstellers im französischen Freizeitpark Fraispertuis City. Auf den weiteren Rängen folgen zwei Gerstlauer Eurofighter, darunter auch der Prototyp Vild Svinet aus dem Jahre 2003.

Und selbst in Deutschland findet sich seit dem Jahre 2009 eine übersteile Achterbahn: Der Hansa Park bei Sierkdorf präsentiert mit dem Fluch von Novgorod eine Mischung aus Katapultachterbahn, Themenfahrt und vertikalem Towererlebnis. Zum Ende der Fahrt stürzt der Einzelwagen mit seinen acht Personen einen knapp 40 Meter tiefen Drop in völliger Dunkelheit hinunter. Die Anlage stammt aus dem Hause Gerstlauer.

Text: Coastersandmore - jp, Bilder: Cedar Point, Fuji-Q Highland, Coastersandmore

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